Hausbau mit putzmunterer Hilfstruppe
Im Herbst 2022 erfolgte der Spatenstich für den Erweiterungsbau des Lukashauses in Grabs. Im Sommer 2023 werden dort die Arbeiten für den Rohbau abgeschlossen sein. Dann wird das MARTY-Team vor Ort nicht nur auf ein weiteres erfolgreiches Bauprojekt zurückblicken, sondern auch auf einzigartige Stunden, an denen ihnen fröhliche und vollmotivierte Lukashaus-Bewohner tatkräftig zur Seite standen.
Die bereits am Morgen wohltuend warmen Temperaturen fühlen sich nach den wochenlangen Regenphasen gut an. MARTY-Polier Fabian Weibel strahlt unter seinem Helm mit der frühen Sonne um die Wette: «Trotz Dauerregen und zwei Unterbrechungen im Januar wegen zu strengem Frost sind wir aktuell im Zeitplan sogar zwei Wochen voraus.»
Insgesamt 750 m² Gebäudefläche verteilt auf drei Geschosse sind unter seiner Bauleitung auf dem idyllisch auf einer Anhöhe gelegenen Platz am Entstehen – inklusive eines Teiles des unterirdischen Ganges, von dem man mit rollstuhlgerechtem Lift zum bestehenden Haupthaus an der Lukashausstrasse 7 gelangt. Jenes etwas oberhalb der Baustelle liegende Haupthaus aus dem Jahre 1912, das den Ersatzbau dringend nötig gemacht hat, weil die alten Räumlichkeiten einfach nicht mehr so behindertengerecht und barrierefrei wie vorgeschrieben umgebaut werden können. Ganz abgesehen davon, dass man platzmässig bereits aus allen Nähten platzt.
Ursprünglich 1846 als Heim für verwahrloste Kinder gegründet, ist das Lukashaus heute ein modernes Dienstleistungsunternehmen, das Menschen mit Behinderung oder Unterstützungsbedarf Wohn-, Arbeits-, Freizeit- und Bildungsangebote bietet. Und dies möglichst selbstbestimmt, würdevoll sowie gesellschaftlich gleichgestellt und integriert. Von den aktuell rund 90 Menschen, die durch die etwa 200 Mitarbeiter des Lukashauses begleitet werden, leben rund die Hälfte in insgesamt 26 Wohngruppen direkt im Dorf in Grabs oder in Gams. Viele davon gehen sogar einer geregelten Arbeit nach.
Im neuen Gebäude am Fusse des Studnerberges sollen Wohnungen für Menschen mit sehr komplexen Behinderungen entstehen, die einen deutlich höheren Begleitaufwand benötigen – zum Teil rund um die Uhr. Für einige Bewohner braucht es eine eigene Wohnabteilung mit entsprechenden baulichen Sondervorgaben, die unter anderem von zusätzlichen elektronischen Hilfsmitteln über spezielle Sicherheitsfenster bis zu einer Vielzahl von einzuplanenden Bodenabläufen reichen.
«Ich schätze die Zusammenarbeit sehr und wie unvoreingenommen, herzlich und hilfsbereit die Bauarbeiter mit unseren Bewohnern von Anfang an umgegangen sind.»
Harald Kristof, Fachmitarbeiter LandschaftsSINNfonie
Doch zurück zum sonnigen Rohbau, wo sich bereits – angeführt von ihrem Fachbegleiter Harry – vier hochmotivierte Lukashausbewohner eingefunden haben, um Polier Fabian tatkräftig zur Seite zu stehen. Der 30-jährige Sennwalder hat bereits Bauhelme sowie T-Shirts für die Truppe bereitgelegt. «Den Helm brauch ich nachher wieder retour, die T-Shirts könnt ihr gerne behalten.» Fabians heutige Helfer gehören allesamt zu einem 15- bis 20-köpfigen Team der sogenannten LandschaftsSINNfonie: einem das Lukashaus umgebenden Landschaftspark, in dem auf vielfältige Art und Weise Sinneswahrnehmung und Kommunikation angeregt und gefördert werden. Danilo etwa ist dort für das tägliche Ausmisten der Ställe der Tiere – von Schafen über Schweine bis zu Lamas – zuständig. Heute will er sich aber voll und ganz dem Putzen von Schalbrettern widmen. Konzentriert streift er mit einem Handschaber die trockenen, hellgrauen Betonreste vom Holz. Neben ihm steht Dario, ein junger, kräftiger Mann, und bearbeitet die schmäleren Schalungsträger. «Ich kann sehr gut putzen», sagt er selbstsicher, nachdem er einen ersten Träger bereits feinsäuberlich gereinigt und auf einen neuen Stapel gelegt hat. Dario ist schon das zweite Mal als Helfer auf der MARTY-Baustelle dabei und spürbar begeistert bei der Sache. «Ich mache eigentlich alles gern – aber viel lieber draussen als drinnen. Das Meiste hat mir mein Vater beigebracht», erzählt der grosse Blondschopf stolz.
Die Idee, die Bewohner beim Bau des neuen Gebäudes aktiv einzubeziehen, stammt von Lukashaus-Begleiter Harry und MARTY-Polier Fabian. «Das Interesse an der Baustelle war von Anfang an sehr gross und einige wollten einfach an jenem Gebäude mithelfen, in das sie später einmal einziehen werden. Fabian hatte dann die Idee mit dem Putzen der Schalungen: eine Tätigkeit, die sich für ungeschulte Helfer bestens eignet und auch von den Sicherheitsauflagen am Bau her möglich ist», erinnert sich Begleiter Harry, der seit rund einem Jahr im Lukashaus tätig ist. Davor arbeitete der gelernte Zimmerer und ausgebildete Sozialpädagoge lange Jahre in einem Projekt für Langzeitarbeitslose. «Der Unterschied zu hier ist der, dass sich die Lukashaus-Bewohner meist total motiviert und arbeitswillig den neuen Herausforderungen stellen, obwohl ihnen dafür die Erfahrung und das nötige Wissen fehlen. Bei den Langzeitarbeitslosen war dies leider häufig umgekehrt ...», fasst der 56-jährige Vorarlberger zusammen, was ihn ganz persönlich in seiner Arbeit in Grabs tagtäglich motiviert.
Polier Fabian, der ständig zwischen den einzelnen Helfern gependelt und da oder dort mit fachmännischem Rat zur Seite gestanden ist, steht in die Mitte des Bauplatzes und bittet alle zur Seite. Vorsichtig senkt MARTY-Kranführer Luis ein grosses, an massiven Ketten hängendes Schalungselement auf die freie Fläche ab. Als das schwere Teil sicher auf mehreren Holzblöcken zum Liegen gekommen ist, winkt Fabian Danilo und Adi zu sich, damit diese zunächst mit langen Schabern die Betonreste wegkratzen. Danach übergibt er Adi eine Handpumpe mit Sprühdüse, mit der dieser noch die gesamte gereinigte Fläche befeuchtet. «Das ist sogenanntes Schalöl: ein Trennmittel, damit der Beton nicht an der Schalfläche kleben bleibt», erklärt der diplomierte Baupolier, der heute auf den Tag genau sein zehnjähriges Dienstjubiläum feiert. Seine berufliche Treue zu MARTY ist für ihn schnell erklärt: «Einfach ein tolles, familiär geführtes Team, bei dem jeder – vom Chef bis zum Hilfsarbeiter – auf Augenhöhe für seine Arbeit respektiert und geschätzt wird.»
Mittlerweile hebt Kranführer Luis das fertig gereinigte und feucht besprühte Element wieder in die Höhe, um es an einer anderen Stelle am Rande der Baustelle hinzulegen. Eng an seiner Seite steht dabei Stefan, der ihm dabei genau über die Schulter auf das Steuerungsgerät blickt. Er ist eindeutig der Wortführer der Truppe und ein ausgesprochener Technikfan, dem es offenbar eine US-Fernsehserie besonders angetan hat. «MacGyver ist mein Vorbild», sprudelt es aus dem vollbärtigen Mann mit Sonnenbrille, der ausserdem nicht nur richtig laute Musik liebt, sondern auch einmal im Monat bei einer Autogarage in Grabs aushilft. Zudem ist er einer von insgesamt drei Bewohnern, die den Neubau seit Beginn in einem eigenen Projekt fotografisch dokumentieren und so den Fortschritt der Baustelle Woche für Woche festhalten. «Schaffa und helfa – das macht mir scho Spass», ist Stefan auch von der heutigen Aktion begeistert.
Nach gut eineinhalb Stunden sind die meisten Schalungsbretter geputzt und Begleiter Harry ruft seine Truppe zusammen. «Wir müssen heute noch bei unserem Holzpavillon weiterschaffen. Dort führen wir in Eigenregie alle Erdarbeiten durch und erstellen das Fundament. Ein MARTY-Baggerfahrer hat uns auch dort einmal spontan ausgeholfen», erinnert sich der Sozialpädagoge. «Ich schätze diese Zusammenarbeit mit MARTY persönlich sehr und wie unvoreingenommen, herzlich und hilfsbereit die Bauarbeiter mit unseren Bewohnern von Anfang an umgegangen sind.»
Bevor Harry mit seinen Leuten weiterzieht, braucht es allerdings unbedingt noch Erinnerungsfotos: eines direkt auf der Baustelle in voller Arbeitsmontur und mit Werkzeug in der Hand und eines – auf besonderen Wunsch von «MacGyver» Stefan – im MARTY-Transporter. Dem riesigen Autofan entgehen bei der Gelegenheit natürlich nicht ein paar Schlammspritzer auf dem Wagen. «Fabian, morgen Freitag putzen wir immer unseren Bus. Du kannst mir das Auto auch hinstellen zum Putzen. Aber nicht vergessen: Fenster vorher gut zumachen.»
«Vermissen werde ich ganz klar die Menschen hier und das Interesse und die Begeisterung, die sie uns entgegengebracht haben.»
Fabian Weibel, Polier, MARTY
Als Harry mit seiner gut gelaunten Mannschaft schliesslich die Baustelle verlassen hat, ist es plötzlich deutlich stiller. Ruhige Betriebsamkeit übernimmt wieder das Kommando. Fabian blickt noch einmal auf die gesäuberten Schalbretter und lässt die Eindrücke des Vormittags gedanklich Revue passieren. Danach wandern die Gedanken des Hochbau-Profis bereits in die Zukunft. «Wir werden unsere Arbeiten hier in wenigen Wochen beenden. Dann geht es für mich zur nächsten Baustelle nach Buchs.» Wird er an Grabs irgendetwas vermissen? «Ganz klar die Menschen hier und das Interesse und die Begeisterung, die sie uns entgegengebracht haben. Überall anders gehen die Leute doch bloss nur an Baustellen vorbei oder fühlen sich sogar davon gestört. Das war hier definitiv anders.»
Weitere Einblicke
Aus dem Leben eines MARTY-Urgesteins
Im Jahr 1982 begann Christian Eggenberger bei MARTY als Saisonarbeiter. Mit ihm und Seniorchef Werner Marty zählte das Unternehmen damals gerade einmal fünf Mitarbeiter. Heute, mehr als vier Jahrzehnte später, ist «der Chrigel» selbst im FAR-Ruhestand noch immer ab und zu während der Sommermonate auf Baustellen tätig. Wir haben ihn an einem dieser Arbeitstage begleiten dürfen.
Leitungsbau am Limit
Ein Gelände mit 45 Grad Gefälle und nur wenige Monate Zeit: nicht so einfache Rahmenbedingungen für die dringend notwendige Erneuerung einer Druckleitung des Elektrizitäts- u. Wasserwerks (EW) Mels, welche die Sarganserländer Gemeinde sowohl mit Trinkwasser als auch Strom versorgt. Dank professioneller Zusammenarbeit aller beteiligten Unternehmen konnten die dafür nötigen Arbeiten wie geplant im September 2023 erfolgreich abgeschlossen werden. Eine Zusammenfassung eines bemerkenswerten Projekts.