Reportage
Bewässerung Furttal ZH 05|2021

Mit spülerischer Leichtigkeit

Bei einem fast 13 Kilometer langen Leitungsbau ist das Queren von Strassen, bebautem Gebiet und auch Gewässern unvermeidbar. Aber wo früher langwierige Sperren und Aufbohrungen notwendig waren, greift MARTY heute auf moderne, ausgefeilte Technik zurück: auf horizontale Spülbohrungen.

Von weitem deutet auf der Baustelle nichts darauf hin, dass unter der viel befahrenen Zürcherstrasse in Dänikon gerade ein 355 mm starkes Rohr verlegt wird. Der morgendliche Frühverkehr braust völlig ungehindert darüber. Lediglich abgeplankte Absperrungen an beiden Strassenrändern, farbige Messpunkte auf dem Asphalt und zwei konzentriert schaffende MARTY-Mitarbeiter verraten, dass hier gerade auf Hochtouren gearbeitet wird.

«Gang nur auf links. Führa schieba. Stuck nach rechts. Guat.» – Es sind kurze, klare Anweisungen, die zwischen Maschinist Stefan Marquart und Bohrmeister Jens Reiss über Funkgerät ausgetauscht werden. Seit 6 Uhr 30 sind beide bereits an der ersten Horizontalspülbohrung des Furttal-Projekts dran. Allein diese Woche werden noch 6 weitere Bohrungen folgen. Unterhalb von Asphaltstrassen, Feldwegen und auch Bächen.

«Wir sind gut in der Zeit», versichert Jens Reiss, der gerade am Falcon F5, dem Messgerät für die Steuerung des Bohrkopfes, sitzt. Der 41jährige Vorarbeiter arbeitet seit 2018 bei MARTY. Seither wird er vor allem als Experte für Spülbohrungen eingesetzt. «Solche Spülbohrungen brauchen viel Erfahrung. MARTY ist in diesem Bereich wirklich toll aufgestellt, es gibt nicht viele Baufirmen in der Schweiz, die das so beherrschen und anbieten können», ist Jens Reiss überzeugt, ehe er wieder auf der Horizontalbohrmaschine der Marke Vermeer Platz nimmt. Mit rund 10 bis 12 Tonnen Zugkraft Platz zählt diese im MARTY-Gerätepark eher zu den kleineren von insgesamt 6 solcher Bohrmaschinen. Grössere haben sogar eine Zugkraft von über 40 Tonnen.

Die Funktionsweise ist allerdings bei allen Maschinen die gleiche: Auf dem Bohrkopf befindet sich eine Sonde, die ständig die genaue Bohrposition auf dem Display anzeigt. Zudem gibt es noch drei bewegliche Metallzehen, mit denen man vom Steuerelement aus in jede gewünschte Richtung lenken kann. Nach und nach wird so der Bohrkanal für den Einzug der eigentlichen Leitungsrohre vorbereitet und geweitet.

Heute hat das Bohren unter der Zürcherstrasse seine Tücken. «Der Boden ist sehr lehmig und das klebt dann extrem», weiss der erfahrene Vorarbeiter Jens Reiss. «Spülbohrungen dauern je nach Bodenbeschaffenheit immer unterschiedlich lang. Kiesboden ist am mühsamsten, da sich der Bohrkanal immer wieder verschliesst.»

Dennoch hat sich der Bohrkopf erstaunlich schnell durch den lehmigen Untergrund gearbeitet, das eingespielte Team bereitet schon den Einzug der Leitungsrohre vor. Neben dem Feldweg liegt dafür bereits ein 30 Meter langes, vorab aus drei Teilstücken zusammengeschweisstes Rohr. Vorsichtig wird dieses von Stefan Marquart mit der Baggerschaufel in Position gehoben und an der, aus dem Lehmboden ragenden Bohrstange angehängt. Nun geht es in die andere Richtung: das Leitungsohr mit einem Aussendurchmesser von beachtlichen 355 mm wird unter einer wilden Geräuschkulisse aus lautem Stromaggregat, schwer arbeitender Zugmaschine und unzähligen Funksprüchen durch den frisch angelegten Bohrkanal gezogen. Während das Rohr nach und nach im Boden verschwindet, quillt eine tonhaltige Bentonit-Wasser-Mischung aus der Erde. «Die wird durch die innen hohlen Bohrstangen vor den Räumer gespült, damit der Kanal freigehalten und gleichzeitig das Bodenmaterial nach aussen transportiert wird», erklärt der 51jährige Maschinist. «Das genaue Mischungsverhältnis muss man dabei immer gut an den jeweiligen Boden anpassen.»

Auf der anderen Strassenseite sitzt Jens Reiss auf dem Maschinenstand der Zugmaschine und zieht Bohrstange nach Bohrstange aus dem Erdreich. Ein Auge hat er dabei stets auf die Druckangaben: «1000 bis 2000 psi sind ideal – so wenig wie möglich. Man muss dabei immer auf Zug bleiben und auch auf die Rotation achten.»

Kurz vor dem Ende, das Rohrende ist nur noch wenige Meter von der Zugmaschine entfernt, kommt kurz Nervösität auf: Der 3000-Liter-Wassertank für die Bentonit-Mischung ist leer. Stefan Marquart springt in den LKW und fährt diesen zu einem nahen Bauernhof, um ihn dort aufzufüllen. Vorarbeiter Jens Reiss zündet sich eine Zigarillo an und kommt ins Grübeln: «Jetzt muss es schnell gehen, sonst ist alles fest und wir haben verloren. Im schlimmsten Fall heisst das eine neue Bohrung…»

Es bleibt bei der blossen Befürchtung. Stefan Marquart ist mit dem vollen Tank rasch zurück und die Arbeit kann weitergehen. Mit schwerer Eisenkette fixiert er noch die Zugmaschine an einem schweren Bagger, damit diese beim Rausziehen des 30-Meter-Rohres auf dem rutschigen Ackerboden nicht Gefahr läuft, Richtung Bohrschacht zu gleiten. Im Schacht wird plötzlich Bewegung sichtbar: Das Erdreich wölbt sich und mit weit spritzender Fontäne gräbt sich der Räumer und das daran gehängte Leitungsrohr aus dem Untergrund. Geschafft!

Jens Reiss telefoniert noch kurz mit der Tiefbautruppe, die den Anschluss an die bereits entlang des Feldweges verlegten Rohre herstellen soll. Danach zieht er das Rohr noch 10 Meter weiter aus dem Erdreich. «Sie wollen es am Eingang auf der anderen Strassenseite bündig zum Loch haben.» Das dort liegende Rohrende klebt er noch gekonnt und schnell mit silbernen Panzerklebeband ab. «Alles im Griff und gut gelaufen», lächelt der Vorarbeiter mit sichtlicher Genugtuung. «Gestern haben wir hier mit den Vorarbeiten begonnen und heute Abend ist bereits alles fix-fertig.» Sprach’s und nimmt genussvoll einen letzten Zug aus seiner vorhin nicht ganz zu Ende gerauchten Zigarillo.

Zum Projekt

Bewässerung Furttal ZH

Auftraggeber: Bewässerungsgenossenschaft Furttal BGF (rund 25 Gemüsebauer)
Totalunternehmer (TU): MARTY Gruppe
Ort: Kanton Zürich (sowie kleines Gebiet im angrenzenden Kanton Aargau)
Ziel: langfristige Sicherung der Bewässerung in einem landwirtschaftlich wichtigen Anbaugebiet

  • 12,7 Kilometer Leitungsbau durch 8 Gemeinden – quer durch Wald- und Wohngebiete
  • Errichtung eines Hochspeichers (500 m3 Fassungsvermögen) am Hüttikerberg sowie einer Wasserfassung und eines Pumpwerks (Leistung 109 l/s) an der Limmat
  • Montage von rund 50 neuen Hydranten
  • neben klassischen Pflüg- und Fräsarbeiten auch 24 horizontale, bis zu 300 Meter lange Spülbohrungen vorgesehen
  • geplante Fertigstellung: Frühjahr 2022

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